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Christliches Abendland
Arme Merowinger!
Heiligkeit und Heidentum, Größe und Niedertracht, Familienzwist und Gewalt, Machtlosigkeit und zuletzt nur noch Apathie und zielloses Umhertreiben
von Dirk Weisbrod
Im Museum der schönen Künste zu Rouen befindet sich ein seltsames Gemälde des hierzulande wenig bekannten Malers Évariste-Vital Luminais (1821–1896). Es zeigt eine Szene, die so nie stattgefunden hat, dafür aber umso wahrhaftiger ist. Wir sehen einen Kahn. Auf diesem Kahn, ihn fast ganz ausfüllend, ein Krankenlager und auf diesem Krankenlager zwei junge Männer, fahl und blass, halbtot, blutleer wie ausgesaugt von Vampiren. Sie treiben ziellos umher, kein Steuermann lenkt dieses seltsame Gefährt, das unter dunkeln Wolken auf einem grau-grünlichen Gewässer umherirrt. Sind die beiden ohne Charon auf dem Weg zur Unterwelt? Doch nein, das ist keine heidnische Szene! Am Bug dieses Kahns ist eine Kerze befestigt, die im Fahrwind fast erlischt, und an dieser Kerze hängt ganz offenbar ein Bildstock en minature. Klein wie ein Vogelhäuschen. Wir können nur noch ahnen, dass sich darin eine Statue der Gottesmutter befindet.